inscape - Zwischen den Zeiten Ausgabe 21

Newsletter Ausgabe 21

Liebe Freund:innen, Interessent:innen, Kund:innen von inscape,
 
mit der New Work Idee hielten auch Yoga und Achtsamkeitskonzepte vermehrt Einzug in den Arbeitsalltag. Manch einem erscheint das als Symptombehandlung, ohne auf die Ursachen von zunehmendem Stress und Burnout-Raten zu gucken. Für viele war es einfach ein Goodie für die Mitarbeitenden. Doch bei aller, unter Umständen, vorhandener Skepsis, sollte sich eine Erkenntnis unabhängig davon durchgesetzt haben: Veränderung, vor allem wie wir mit ihr umgehen, und wie wir unsere Rolle als Teil dieses Prozesses gestalten, passiert auf mehr als einer rein kognitiven oder emotional-psychischen Ebene. Denn Veränderung hat eine stark körperliche Komponente.
 
Daher blicken wir im Schwerpunkt dieser Ausgabe auf das vergangene Modul der Generativen Organisations- und Kulturentwicklung, „New Work Wandel – Kulturarbeit im Dazwischen“ zurück, wo wir uns genau dieses Themas angenommen haben. In der Kategorie „Woran wir denken, woran wir arbeiten“, schauen wir nochmal auf den Coaching-Kongress, der ja vor kurzem in Kassel stattfand. Zum Schluss gibt es wie gewohnt die Ankündigungen zu den nächsten bei inscape anstehenden Terminen.

Ohne Körper keine Veränderung

Was in vielen Organisationen unter Wellbeing-Angebot fällt, also Arbeit mit Körperdimensionen, könnte eigentlich mehr. Schließlich vollziehen sich Changevorgänge stets auch auf einer körperlichen Ebene.

Dies ist alleine schon der Fall, durch die gespeicherten Erfahrungen und Gewohnheiten, und unsere individuellen Reaktionen auf diese Veränderungen im Innen und Außen. Psyche und Körper sind untrennbar miteinander verbunden. Im zweiten Modul der Generativen Organisations- und Kulturentwicklung hatten wie mit Carolin Kügel daher eine Gastdozentin, die als generative Organisationsberaterin und Yoga-Lehrerin, genau bei diesem Thema ansetzt.
 
Zusammen haben wir während des Wochenendes als Gruppe immer wieder Atem- und Körperübungen ausprobiert. Allerdings nicht zum reinen Selbstzweck. Vielmehr haben wir dabei die verschiedenen Dimensionen der Körperarbeit erlebt und gelernt wie der Körper sowohl Dekontamination als auch Containment leistet und auf diese Weise als Regenerationsmedium dienen kann. Zusätzlich kann der Körper sogar eine weitere Wahrnehmungsebene ergänzen, und somit Erkenntnis- oder Kommunikationsmedium sein.
 
Unser Körper trägt entscheidend dazu bei, ob wir Veränderungen letztlich nachhaltig mitgehen oder sie sogar vorantreiben können. Man könnte auch sagen, ob wir die Veränderungen verkörpern können. Daraus erwächst die Frage, wie wir körperliche Resonanz für nachhaltige Transformation mitdenken können? Könnten also beide Quellen - Kopf und Körper - hilfreich sein, gerade auch um weniger offensichtliches, weniger bewusstes Verstehen zu erreichen? Wir sind überzeugt, die Körperarbeit, gerade wenn wir uns als Berater:innen eben nicht nur auf die kognitive oder die psychisch-emotionale Dimension verlassen wollen, kann ein entscheidender Faktor sein.  

Einen neuen Raum einnehmen
 
An einem Praxisfall wurde ausprobiert, wie sich diese Erkenntnisse in Beratungsprozessen sinnvoll integrieren lassen, wobei schon in der Fotomatrix am Tag zuvor die Themen von Sicherheit, Sauerstoff, Wellness und Unternehmen als Orte, an die die Mitarbeitenden gerne kommen, auftauchten. Wellnessartige Settings, die allerdings nicht genutzt werden, weil sie am Bedürfnis der Mitarbeiter:innen vorbei gehen. Gleichzeitig wurde im Sounding Board sehr schnell klar, was es bedeutet, die Körperlichkeit so explizit mit in die Organisation zu bringen. Scham, ein ungewohntes auf den Körperschauen, das Begehren wird mit eingeladen.
 
Passenderweise stellten Lisa Marie Chloé Laiblin, Johannes Hofmann und Loreen Hennemann mit ihrem Input zum Thema Diversität und Tanz Dynamiken von Unterwürfigkeit und Dominanz, von Scham und Lust, von Verstecken und Exponieren, sehr beeindruckend dar. Auch körperlich haben wir einen neuen Raum eingenommen. Die luftige, helle Location, in Hamburg (siehe Bild oben), wo das Modul stattfand, mit direkter Tür zur Straße, brachte eine zusätzliche Dynamik in das Wochenende und auch in das, was innerhalb der Fortbildungsgruppe passierte. In der Generativen Organisations- und Kulturentwicklung wird das Thema der Körperarbeit in der Zukunft sicherlich weiterhin eine Rolle spielen mit einer besonderen Sensibilisierung, wofür die Körperdimension genutzt wird und welches Risiko auch darin steckt.

Woran wir denken, woran wir arbeiten:

Gewollter Verzicht oder ungewollte Unmöglichkeit?

Um die Abwesenheit der Körper, um den Rückzug, der auch eine Flucht vor möglichen Konflikten ist, ging es hingegen auf dem 13. Kongress für psychodynamisches Coaching am ersten Märzwochenende in Kassel. Der Titel lautete „Die Sprache der Abwesenheit. Die widersprüchliche Sehnsucht nach Rückzug und Resonanz“.

Veranstaltet wurde der Kongress von inscape, zusammen mit der Universität Kassel, M19 Manufaktur für Organisationsberatung, dem Sigmund-Freud-Institut und der Deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching. Dabei wurde immer wieder deutlich, der Absentismus ist tatsächlich oft eine Flucht vor Konflikten. Aktionismus hilft da jedoch weniger, genauso wie vorschnelle Schlüsse. Denn wie Dr. Mustapha Sayed plädierte, lohnt es sich bei den Krankheitszahlen und Ursachen genauer hinzuschauen.
 
In der Tat, mit durchschnittlich 24,9 Krankheitstagen pro Arbeitnehmer:in in 2022, ist der Stand in Deutschland einer der höchsten. Der Trend lässt sich nicht wegdiskutieren, er sollte jedoch immer sehr genau geprüft werden und die Suche nach Antworten ist, wie es Dr. Heidi Möller umschrieb, mal wieder eher ein „gemeinsames Heranpirschen“. Ist der Absentismus überhaupt „ein gewollter Verzicht oder die ungewollte Unmöglichkeit“? Was passiert eigentlich mit denen, die sich absentieren? Was hingegen klar ist, die Verführung eine Generationendiskussion daraus zu machen, greift zu kurz, genau wie der Fingerzeig in Richtung des Home Office als schnellem Erklärungsversuch. Denn hier verringert sich der Absentismus nachweislich während mehr Menschen sogar krank weiterarbeiten, der Präsentismus also steigt. Ein simples Zurückordern ins Büro wird da wenig helfen.
 
Stärkung durch „Identity Leadership“
 
Spannenderweise, auch in der vor Träumen und Assoziation geradezu überbordenden sozialen Traummatrix, klinkten sich einige der Teilnehmer:innen aus. Sie begann zwar mit einem vermissten Traum, doch dann rauschten zahlreiche Träume und Assoziationen durch die Matrix. Das Bedürfnis etwas loszuwerden ist vielleicht in der aktuellen Situation größer als das Bedürfnis etwas aufzunehmen. Gleichzeitig scheint es ein gesteigertes Bedürfnis nach Ruhe und Austausch zu geben.
 
Auch wenn viele Diskussionen anstrengend sein können, ist der Rückzug keine Option, wie Prof. Dr. Rolf von Dick (siehe Bild oben) mit Bezug zur Theorie der sozialen Identität noch mal belegte: Je höher die soziale Identität, umso weniger Stress. Selbst eine gesteigerte Anzahl an Gruppen, führt zu weniger persönlichem Stress. Und Führungskräfte spielen dabei natürlich eine entscheidende Rolle. Das Konzept der „Identity Leadership“ kann ein zeitgemäßer Weg sein. Aus Beratungssicht könnte es auch wichtig sein, die Führungskräfte nicht nur individuell zu stärken, sondern auch bei Führungskräften für soziale Identität zu sorgen, für ein sich gegenseitig stärkendes Team aus Führungskräften oder themenbezogenen Verbindungen.
 
Ein solcher Coachingkongress für psychodynamisches Coaching ist auf jeden Fall auch Social Identity Stärkung für uns als psychodynamische Berater:innen, Coaches und Supervisor:innen, um in Organisationen wirksam werden zu können, um dort die Konfliktfähigkeit zu stärken und Räume für Dialog und Auseinandersetzung zu gestalten. Denn so kann Bindung und Neues entstehen. Ganz im Sinne des von Prof. Dr. Rolf von Dick zitierten Michel West: „Bonding within. Bridging across.“

Was bei uns ansteht:

  • Am 13. und 14. Juni gibt es einen Workshop zur „Einführung in die psychodynamische Beratung“. Hier werden psychodynamisch inspirierte Methoden vermittelt, sowohl durch kurze Theorieinputs wie auch die Arbeit mit dem praktischen Material der Teilnehmer:innen.
  • Zudem gibt es am 15. und 16. August einen Workshop zu „Beratung und Setting – die Dynamik zwischen Menschen und Raum“. Hier geht es um eine Sensibilisierung dafür, wie die Wahrnehmung der Dynamiken zwischen Räumen und Menschen als Teil der Beratungsarbeit eingesetzt werden kann, anhand von praktischen Beispielen und gemeinsamen Reflektionen.

Anmeldungen zu allen Veranstaltungen können jeweils bei Gabriele Beumer unter Gabriele.Beumer@inscape-international.de vorgenommen werden.

Das ganze Jahresprogramm von inscape finden Sie hier.

Damit verabschieden wir uns für die einundzwanzigsten Ausgabe des Newsletters. Die nächste Ausgabe erscheint im April.

Herzliche Grüße,
das inscape-Team

 

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